Auf der Suche nach irgendwelchen Informationen zu einem Modell fand ich in dem Buch „Sailing Ships, Prints by the Dutch Masters from the 16th to the 19th Century“ die Zeichnung einer niederländischen Winterszenerie von Simon Fokke. Die Idee kam schnell, warum nicht einmal Wasser in dem sonst nicht so häufigen Aggregatzustand darstellen, eben dem festen?
Mit dem fantastischen, sehr flexibel ausbaufähigem „mittelalterlichen“ Beiboot der Firma ZVESDA lag der Grundbausatz im Fundus vor. Mit wenigen Änderungen, allerdings völlig neuer Takelung war die Ysschuitje innerhalb weniger Tage fertig. Das Vorhaben wurde immer weiter ausgebaut, im Gespräch mit Clubkollegen entstand auch die Idee mit der Kuh auf dem Eis.
Die beiden Segel, Fock und Großsegel, entstanden wiederum aus bewährtem Japanpapier (Bild 7). In diesem Maßstab ist es etwas aufwändiger die Segel herzustellen, aber immer noch viel einfacher als aus Stoff. Denn auch hier gilt, in dieser Verkleinerung ist eine Stoffstruktur nicht mit bloßem Auge sichtbar. Ein Segel aus Stoff wäre viel zu stark strukturiert. Aber auch dies wird gern und viel diskutiert. So zeichnete ich zunächst die Kleiderbahnen mit doppelten(!) Stichreihen (Bild 8) auf einen Bogen Papier, zeichnete dann denn den Segelschnitt mit etwas Zugabe auf und schnitt die Umrisse aus. Der nächste Schritt war das Aufkleben der Segelsäume, der Eckdopplungen, des Reffbandes und der Lieke.
Nachdem die Leimungen getrocknet waren konnte ich die Gatchen (Löcher) für die Segelbefestigung durchstechen. An der kurzen Gaffel ist das Segel mit Marlschlag gebunden, am Mast mit einer einfachen Reihleine. Nach Fertigstellung werden die Segel nass gemacht und mit Stecknadeln auf einem Styrofoamblock in Form gebogen und langsam getrocknet (Bild 9). Die Takelung der Ysschuitje ist insgesamt recht einfach gehalten, allein, damit nicht viel Personal benötigt wird. Das Focksegel ist auch mit einer Reihleine an dem einzigen Stagtau befestigt, so ist für beide Segel ein leichtes auf- und niederholen gewährleistet (Bild 10). Diese Informationen sind in alle dem vorliegenden Bild enthalten. Die Takelung besteht somit nur aus Fallen, Niederholern, Schoten, Halsen, der Gaffeldirk, Piekfall und zwei Stagen und zwei Wanten. Ob die Schuitje noch einen Klüver fuhr ist unklar, auf der Zeichnung ist keiner zu sehen (Bild 11).
Die kleine Fahne malte ich auf sehr dünnem Seidenpapier auf, dabei zog ich nur die inneren Linien gerade und schnitt die Fahne dann passend aus (Bild 12).
Zum Schluss kamen die Kufen dran (Bild 13). Aus den Resten eine Messingätzteilbogens konnte ich mit einer Nagelschere die Kufen einfach ausschneiden. Es waren zwar mehrere Versuche nötig aber das Endergebnis ist in Ordnung. Mit dem Anbau der Kufen war das Bötchen fertig (Bild 14).
Das Diorama
Die Idee, das gesamte Sujet nachzubauen war nicht sofort da, sondern wuchs Stück um Stück. Nach Durchsicht meines Figurenfundus reifte der Entschluss, nicht nur die Bootsbesatzung einzusetzen sondern auch zumindest einen Teil der Menschen auf der Zeichnung darzustellen: Im Vordergrund sind Vater und Sohn dabei ein Loch in das Eis zu schlagen um darin zu angeln.
Im hinteren Bildmittelgrund läuft ein weiterer Angler auf Schlittschuhen mit geschulteter Rute zu seinem Angelplatz. Damit wäre die Szenerie zwar nicht vollständig aber doch schon recht voll. Aber der Dude meinte, jemand sollte dabei sein, eben die Kuh vom Eis zu holen… gesagt, getan.
Als Figuren kamen Produkte von REVELL (Schwedische Infanterie) und Siedler oder Pilgrims von IMEX zur Verwendung. Ein Angler bekam Schlittschuhe aus Draht (Bild 15), die anderen zumindest noch einen warmen Schal (Bild 16).
Die Dioramaplatte selbst war denkbar einfach. Ein Holzbrett mit profilierter Kante wurde mehrfach schwarz gestrichen, fein geschliffen und dann mit einer 2mm starken Bastlerglasplatte (Acryl) beklebt (Bild 17). In einer Ecke baute ich einen kleinen Deichfuß ein, mit Backsteinen an der Uferkante, nach hinten mit einem Holzrahmen gesichert (Bild 18). Diese Ecke füllte ich grob mit Styrofoam auf, belegte diesen mit weissleimgetränktem Klopapier und gestaltete mit AK-Microballoons, Terrain-Snow und bräunlichem Gras den winterlichen Deich. Vor dem Deich stecken zwei Dalben im Eis (Bild 17).
Das Eis selbst war ein Experiment. Auf einem Abschnitt probierte verschiedenste Mittel aus um Kratzer, Luftblasen, Fische unterm Eis etc. darzustellen (Bild 18). Der verwendete Klebstoff für die Acrylplatte erzeugte von selbst ganz feine, fast milchige Bläschen, auf Tropfen mit Plastikkleber schüttete ich Microballoon und verwischte sie wieder (Bild 19). Um die Kratzspuren der Ysschuitje zu imitieren baute ich eine Schablone mit drei Stecknadeln und kratzte damit über die Platte, am Ende der Kratzspur stelle ich dann die Schuitje auf. Dieses ist bemannt mit einem Maat und einem älteren Paar das die schnelle Reise auf der Heckducht genießt. An Bord steht eine Picknick-Kiste, ein Fass und ein großer Schnapskrug.
Dies war der erste Versuch, eine Zeichnung oder ein Gemälde dreidimensional nachzuempfinden. Weitere werden folgen, Ideen und Vorlagen habe ich in der reichhaltigen Marinebibliothek genug..
Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz
Quellen:
- Sailing Ships, Prints by the Dutch Masters from the 16th to the 19th Century“
- Karl-Heinz Marquardt, Takelung von Schiffen des 18. Jahrhunderts
- Wikipedia (Eissegeln)